aeRoman Fliegende Hunde 
Flag UK Sind Fliegende Hunde wirklich Primaten?
MenuHEIMATLUFTFAHRTMENSCHENURSPRUNGWISSENSCHAFTVERBINDUNGÜBERSICHTKONTAKT Primaten weisen in ihrem Gehirn ein halbes Dutzend Nervenbahnen auf, die bei keiner der anderen 20 Säugetier-Ordnungen gefunden werden. Von diesen speziellen Merkmalen glaubt man, dass sie die Primaten von den Nichtprimaten zuverlässig unterscheiden. Sie liefern eine einzigartige Kennzeichnung und ermöglichen uns, ein Primatengehirn nach einer Reihe von Tests zu erkennen, bei denen solche Nervenbahnen identifiziert werden, die vom Auge zum Gehirn verlaufen.

Stellen Sie sich meine Überraschung vor, als ich diese Eigenschaften im Gehirn eines grau-köpfigen Fliegenden Hundes (Pteropus poliocephalus) während einer Routineuntersuchung fand! Die nachfolgende Arbeit durch mich und andere bestätigte, dass dies für alle bisher überprüften Arten von Fliegenden Hunden gilt. Fliegende Hunde gehören zur Ordnung der Megachiroptera, allgemein Riesenfledermäuse genannt. Die nahezu 200 Arten sind Vegetarier, die sich von Früchten und Nektar ernähren. Sie sind meist recht groß, mit Flügelspannweiten von 60 bis 180 Zentimetern und orientieren sich durch ihr ausgezeichnetes Sehvermögen.

Vor kurzem, in Zusammenarbeit mit Dr. Howard Cooper vom INSERM Laboratoire de Neuropsychologie in Lyon, Frankreich, erweiterten wir den Vergleich um weitere Sehnervenbahnen, sowie um weitere Arten von Riesenfledermäusen und niederen Primaten, einschließlich der Lemuren und der Loris. Unter dem Mikroskop sind die Ähnlichkeiten zwischen den Gehirnen von Riesenfledermäusen und Lemuren so auffallend, dass es ziemlich schwierig ist, sie auseinander zu halten! Soweit man das von den schwierigen Details der Verdrahtung von Tausenden Nervenzellen ableiten kann, besitzen Primaten und Riesenfledermäuse einen gemeinsamen Vorfahr, der sich von allen anderen Gruppen von Säugetieren unterscheidet.

Ursprünge des Fledermaus-Fluges

Diese Entdeckungen sind besonders verwickelt, da anders als oberflächliche anatomische Eigenschaften, die sich häufig als trügerisch herausstellen, Gehirne dafür bekannt sind, sehr konservativ zu sein und geeignet, unschätzbare Anhaltspunkte bei der Suche nach Beziehungen in der Evolution zu bieten. Ich bin jetzt davon überzeugt, dass Säugetiere den aktiven, flatternden Flug bei ZWEI unterschiedlichen Gelegenheiten entwickelten, nicht nur bei einer, wie man traditionell geglaubt hat.

Meine gegenwärtige Hypothese ist, dass die erste Gelegenheit vermutlich in der Kreidezeit kam, als kleine Spitzmaus-ähnliche Insektenfresser die Fähigkeit zu fliegen entwickelten, was sie leistungsfähiger bei der Insektenjagd machte. Das Vermächtnis dieser Errungenschaft ist die in hohem Grade erfolgreiche Gruppe, die wir jetzt als Microchiroptera oder Zwergfledermaus kennen. Traditionelle, einvernehmliche Regeln zur Systematik haben Fledermäuse, die Ordnung Chiroptera, in zwei Unterordnungen, die Mega- und die Microchiroptera unterteilt. Die Zwergfledermäuse umfassen nahezu 800 Arten, von denen alle sich durch ein hoch entwickeltes Ultraschallsystem orientieren, obwohl sie auch sehen können. Die meisten sind klein, mit Flügelspannweiten von 15 bis 45 Zentimetern, und sie sind meistens Insektenfresser.

Viel später, ich nehme an im Tertiär, verbesserte eine frühe Primatenlinie ihren Erfolg bei der Suche nach Früchten, indem sie die Fähigkeit zu gleiten entwickelte. Die Nachfahren dieser Primatensegler leben heute entweder als Gleiter (die zwei Arten von Fliegenden Lemuren, Ordnung der Dermoptera) oder als die sogar noch erfolgreicheren Riesenfledermäuse.

Meine Annahme, dass Zwerg- und Riesenfledermäuse sich separat entwickelten, stützt sich zum Teil auf die Tatsache, dass die Zwergfledermäuse, die ich und meine Kollegen untersucht haben, die einzigartigen Sehnervenbahnen der Primaten zum Gehirn nicht aufweisen. Die Erkenntnis, dass Riesenfledermäuse Primaten sind, oder dass sie sich unabhängig von anderen Fledermäusen entwickelten, kam als echter Schock. Jedoch nach umfangreichem Literaturstudium über Fledermäuse wurde ich in gewisser Weise bestätigt.

Ich fand offensichtliche Unterschiede zwischen Zwerg- und Riesenfledermäusen, einschließlich solcher Dinge wie Ernährung, Gebiss, Chromosomen, weltweite Verbreitung, Samenzellen, Biochemie, Parasitologie und zahlreiche Eigenschaften des Verhaltens. Die einzige starke Gemeinsamkeit, die ich in beiden Gruppen vorfand, ist das Vorhandensein einer Anpassung der vorderen Gliedmaßen, die beiden den Flug ermöglicht.

Entwicklung der Fledermäuse

Die Unterschiede zwischen Riesen- und Zwergfledermäusen sind so drastisch und zahlreich, dass ich mich wunderte, warum die beiden Gruppen von Fledermäusen jemals in Zusammenhang gebracht worden waren. Das Problem stammt anscheinend von der großen Ähnlichkeit der “Flügelhände” in den beiden Gruppen von Fledermäusen. Die “Flügelhand” einer Riesenfledermaus und die einer Zwergfledermaus sind einander so ähnlich, und so unterschiedlich zu Pterosaurier- oder Vogelflügeln, dass man sehr leicht in eine Wahrnehmungsfalle geraten kann: zu der Annahme nämlich, dass ähnliche Strukturen notwendigerweise einen gemeinsamen Ursprung haben. Die Gefahren solch einer Annahme sind leicht zu veranschaulichen.

Jeder erkennt die Abbildungsvorrichtung, die wir auf den ersten flüchtigen Blick ein Auge nennen, egal ob der Träger des Auges ein Eichhörnchen oder ein Tintenfisch ist. Der darauf folgende Schritt bei der Erforschung des evolutionären Ursprungs dieser zwei Arten von Augen ist nicht so einfach. Tatsächlich deckt eine mikroskopische Prüfung auf, dass die Netzhautschichten an der Rückseite des Auges des Tintenfischs umgekehrt angeordnet sind gegenüber denen im Auge des Eichhörnchens. Dadurch und durch eine Menge anderer Kriterien können wir feststellen, dass die Kopffüßler ihr Auge vollständig unabhängig von den Wirbeltieren "erfanden".

Der Punkt hier ist, dass eine beiläufige Kontrolle kein Ersatz für ausführliche quantitative Untersuchung unter dem Mikroskop ist. Solche Analysen, einschließlich der Messung der Flügel bei vielen Arten von Fledermäusen, zeigen, dass der Flügel der Zwergfledermaus sich aus einem Vorgänger entwickelte, der klein war (Unterarmlänge etwa 40 Millimeter oder kürzer) und sehr lange Mittelhandknochen in Relation zu den damit verbundenen Fingerknochen hatte. Demgegenüber entwickelte sich der Flügel der Riesenfledermaus aus einem Vorgänger, der mäßig groß war (Unterarmlänge etwa 100 Millimeter) und Mittelhandknochen hatte, die in der Länge mit seinen Fingerknochen vergleichbar sind, wie bei den lebenden Fliegenden Lemuren. Eine der Vorhersagen dieses Szenarios für die Entwicklung von Riesenfledermäusen ist, dass fliegende Lemuren tatsächlich auch Primaten sind, obwohl sie momentan einer eigenen Art zugeordnet werden. Bereits veröffentlichte morphologische und serologische Studien zeigen, dass dies zutreffen könnte. Tatsächlich zeigen unsere laufenden Arbeiten im Labor, dass Fliegende Lemuren die gleichen Sehnervenbahnen aufweisen, die vor kurzem bei den Riesenfledermäusen entdeckt worden waren.

Sind Riesenfledermäuse wirklich Primaten?

Nach Allison Jolly (1985), einem bemerkenswert modernen Primatologen, werden Primaten durch zwei Gruppen von Merkmalen definiert, zum einen anatomisch und zum anderen von der Verhaltensweise her. Die anatomischen Merkmale wurden zuerst von LeGros Clark (1960) dargelegt und sind durch moderne neurobiologische Techniken erweitert worden. Herkömmliche Primaten und Riesenfledermäuse besitzen alle diese anatomischen Merkmale, während Zwergfledermäuse eher anderen Nicht-Primaten-Säugetieren ähneln. Die von Jolly aufgelisteten Verhaltensmerkmale umfassen (1) freie und exakte Bewegung der Hände und der Vordergliedmaße; (2) eine Verlagerung weg vom Vertrauen auf Geruch hin zum Vertrauen auf Sicht; (3) genaues räumliches Abbildungsmuster der Welt; und (4) verlängerte Aufsicht über den Nachwuchs, die Zeit für das Kennen Lernen der Hilfsmittel aus der Umwelt und der Verhaltensweisen in der Lebensgemeinschaft gewährt. Es gibt zwar begrenzte Forschungen über Riesenfledermäuse hinsichtlich dieser Verhaltenskriterien, aber alle bewegen sich auf dem gegenwärtigem Wissensstand, und keine davon kann ausgeschlossen werden. Daher würde der Ausschluss der Riesenfledermäuse aus der Ordnung der Primaten erfordern, dass die momentan geltenden Kriterien neu definiert werden müssten. Mein eigener subjektiver Eindruck von ihnen nach Jahren der intensiven Beschäftigung, zumindest mit der Klasse Pteropus (der größten Fliegenden Hunde), ist, dass sie heftig reagieren auf ziemlich subtile Änderungen in ihrer Umwelt, und zwar in einer Weise, die vergleichbar ist mit allen Primaten, die ich kennen gelernt habe, oder sie sogar übertrifft. Soweit ich sehe, kann die einzige Art und Weise der Ablehnung der Aussage, dass die Riesenfledermäuse fliegende Primaten sind, nur in der Behauptung bestehen, dass Primaten, von ihrer Definition her, nicht fliegen!

(Dr. John D. Pettigrew ist Professor für Physiologie am Neurologielaboratorium der Universität von Queensland in St. Lucia, Australien. Seine Forschung hat ihm hohe Anerkennung gebracht, einschließlich der Newcomb-Cleveland Medal for Excellence in Research der American Association for the Advancement of Science im Jahr 1978. Seine Hauptbeiträge waren auf dem Gebiet der Neurologie, in denen er die Art und Weise erklärte, mit der die Gehirne der Säugetiere und der Vögel zwei Augen benutzen, um in drei Dimensionen zu sehen, und zwei Ohren zum Hören von bestimmten Richtungen in Raum.)

25. Oktober 2003

Quelle:
Dr. John D. Pettigrew



Fliegender Hund
Fliegender Hund
© Vivien Jones



Seitenanfang
© Bat Conservation International, Inc.