Triumph auf den Dünen von Kill Devil Hills | ||||||||||
Die
Gebrüder Wright waren die ultimativen amerikanischen Tüftler, die einen
Volltreffer landeten. Aber ihre Kreationen waren in manchen Bereichen
etwas originaler als in anderen. Zum Beispiel war das heutzutage
traditionelle strukturelle Konzept eines Flugzeuges bereits im frühen
19. Jahrhundert ziemlich weit entwickelt, als der Engländer Sir George
Cayley seine bemannten Gleiterflüge durchführte. Cayleys Flügel hatten
keine Querruder, aber es gab ein Ruder zur Seitensteuerung, und einfache
Höhenruder konnten justiert werden, um Korrekturen um die Querachse zu
erzielen. Cayleys Flügel besaßen sogar eine V-Stellung. Von seinen
Gleitsprüngen -- und aus seinen Studien des Vogelfluges -- erkannte der
Deutsche Otto Lilienthal, wie auch Cayley, dass das Flügelprofil gerade
so stark gekrümmt werden muss, dass es optimalen Auftrieb erzeugt. Und
der Amerikaner Octave Chanute -- ein Eisenbahn- und Brückenbauingenieur
-- dachte sich das Doppeldeckerkonzept und die langlebige
Pratt-Verbindungsmethode für die Flügelverspannung aus, um damit
nebenbei seine eigenen Gleitflüge entlang den Dünen des Michigan Sees zu
finanzieren. Viele andere leisteten gleichermaßen bedeutende Beiträge zum reichen Schatz des Wissens der Wright Brüder, aber es gab auch einige gähnende Wissenslücken. Aerodynamische Strömungsabrisse wurden nicht verstanden (obwohl aus erster Hand Erfahrungen damit gemacht worden waren), und niemand konnte eine Methode der Steuerung einer Flugmaschine um die Längsachse entwickeln. Antriebsysteme blieben ebenfalls ein ärgerliches Problem. Der französischer Elektroingenieur Clément Ader verwendete eine 18 bis 20 PS starke Dampfmaschine, um seinen Éole Eindecker am 9. Oktober 1890 etwa 50 m weit anzutreiben. Es war der erste gesteuerte, motorgetriebene Flug eines Flugzeuges, aber Ader selbst gab zu, dass der Flug "ein Experiment war und keineswegs als kontrollierter oder nachhaltiger Flug gelten könnte". Dampfmaschinen -- Stand der Technik in jenen Tagen -- waren für den Gebrauch in einem Flugzeug zu schwer. Die "Aerodrome", entworfen vom Sekretär des Smithsonian Institution Samuel P. Langley, benutzte einen Fünfzylinder, benzinbetriebenen Sternmotor mit 45 PS, entwickelt von Stephen M. Balzer und modifiziert vom Assistenten Langleys, Manly Charles. Aber die 365 kg (mit Piloten) schwere, Tandem-flügelige, Katapult-gestartete "Aerodrome" stürzte nicht einmal, sondern zweimal, und zwar am 7. Oktober und 8. Dezember 1903, in den Potomac Fluss (sie startete von einem Hausboot). Manly, der unglückliche Pilot, überlebte beide Tauchgänge. Die Wrights triumphierten dagegen auf den Dünen von Kill Devil Hills, North Carolina, nur neun Tage nach dem letzten Flug der "Aerodrome". Was gab ihnen den entscheidenden Vorteil gegenüber ihren Vorgängern? Bessere Steuersysteme, sicher, aber der Antrieb -- besonders die Propeller -- gaben den Wrights Vorteile, die keiner zuvor besessen hatte. Wilbur Wright schrieb, dass sein Interesse am Fliegen auf Lilienthals tödlichem Segelflugzeugunfall von 1896 zurückging. Wie Lilienthal studierte Wilbur den Vogelflug, und er schrieb, "Meine Beobachtungen des Fluges von Bussards führten mich dazu zu glauben, dass sie ihr seitliches Gleichgewicht mittels Torsion der Flügelspitzen wiedergewinnen, wenn sie durch eine Windbö etwas aus der Bahn geworfen wurden." Auf diese Weise entstand eine der besonders wichtigen folgenreichen Leistungen der Wrights: Flügel-Verdrehung, als eine Methode der Quersteuerung. Die Fortschritte der Wrights hinsichtlich Antrieb waren gleichermaßen bedeutend. Sie dachten an die Verwendung eines Automobilmotors, wussten aber, dass er für ihren "Flyer" zu schwer sein würde. So bauten sie einen eigenen Motor. Charles Taylor, ein Monteur im Fahrradgeschäft der Wrights, erledigte die meisten Arbeiten am Motor. Das fertig gestellte Produkt war eine Vierzylindermaschine, luftgekühlt, mit 12 PS und 70 kg Gewicht. Obgleich man bereits Propeller in den vorhergehenden Entwürfen benutzt hatte, waren die technischen Daten zur Bestimmung ihrer Leistung nicht vorhanden. Luftschrauben wurden sie genannt, und man folgerte daraus, sie würden ziemlich ähnlich arbeiten wie luftige Entsprechungen ihrer Namensvettern -- der Propellerschrauben, die Boote und Schiffe antreiben. Besuche in der öffentlichen Bibliothek von Dayton zeigten jedoch, dass diese Daten nahezu unbrauchbar waren. Die Wrights mussten ihre eigenen Formeln für eine optimale Propellerleistung entwickeln. Sie machten dabei eine andere folgenreiche Entdeckung: Propeller sind einfach rotierende Flügel. Die Brüder rechneten aus, dass sie 45 Kilopond Schub benötigen würden, um ihren etwa 300 kg schweren "Flyer" in die Luft zu bekommen. Um diesen Wert zu erzielen, erhielten die Propeller einen Durchmesser von etwa 2,5 m, eigenhändig geschnitzt (mit Beilen bei den frühen Arbeitsschritten), aus drei Schichten Fichte zusammengesetzt , mit Segeltuch ummantelt, und dann lackiert. Die Blätter wurden verdreht, um eine Effizienz von 66 Prozent zu erzielen. Das korrekte Maß der Wölbung für jeden Propellerabschnitt wurde aus den Informationen abgeleitet, die von den Wrights verwendet wurden, als sie die Flügel des "Flyer" entwarfen -- Informationen, die sie mit Hilfe eines selbstgebauten Windtunnels sammelten. Warum zwei Propeller? Um genügend Schub zu erzielen. Warum gegenläufige Propeller? Die Wrights wusste von Anfang an, dass Propeller Drehmoment und Kurvenkräfte verursachten. Um sie auszugleichen, wurde die Antriebskette des einen Propellers verdreht und bewirkte damit Propellerumdrehungen in unterschiedlichen Richtungen. Und eine niedrigere Umdrehungsgeschwindigkeit. Die Wrights wussten, dass langsam drehende Propeller effizienter als schneller drehende sind. Woher kannten die Wrights die Effekte des Propellerdrehmoments? Eine Theorie hat ihre Wurzeln in der Kindheit der Wrights. In den frühen 1870er Jahren entwickelte Alphonse Pénaud, ein französischer Marineingenieur, einige Gummiband-angetriebene fliegenden Spielzeuge, die einen einfachen Schubpropeller besaßen. Nach dem Spannen und Loslassen flogen die Spielzeuge immer im Kreis. Die Wrights hatten angeblich die fliegenden Spielzeuge von Pénaud in ihrer Jugend und erinnerten sich vermutlich an das Kurvenverhalten jener Einzelpropellergeräte. Gegenläufige Zwillings-Propeller, effizientes Schubverhalten, Reduktionsübersetzungs-Antriebe (die Kettenrad-und-Kettenanordnung), empirische Daten aus dem Windtunnel, Stabilität und die Steuermethoden -- alles zusammengebraut von zwei Autodidakten, hoch motivierten Fahrradherstellern, unbelastet von einer herkömmlichen höheren Ausbildung. WEITER (Flyer Absturz) |
Die
gegenläufigen Propeller der Wrights waren ihrer Zeit voraus. Erst in den
späten 1970er Jahren haben Hersteller sie als wertvolle
Sicherheitsverbesserung "vorgestellt".
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E-Mail Adresse des Autors: tom.horne@aopa.org |
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