Belege dafür, dass eine Nicht-Clovis-Kultur in Nordamerika mindestens so früh wie die Clovis Menschen selbst und wahrscheinlich noch früher vorhanden war, wurden von einem internationalen Team von Forschern aus den USA, Großbritannien und Dänemark vorgestellt.

Das Team

Archäologische Ausgrabungen in den Paisley-Höhlen im südlichen Zentral-Oregon wurden von Dr. Dennis Jenkins von der University of Oregon geleitet.

Dr. Loren Davis von der Oregon State University kartierte die Schichtenstruktur und studierte die Entstehungsprozesse der Grabungsstätte.

Dr. Paula Campos und Professor Eske Willerslev vom Zentrum für GeoGenetics an der Universität Kopenhagen, Dänemark, stellten die vielen DNA-Funde aus den Höhlen dar.

Dr. Thomas Stafford, Jr., ebenfalls vom Centre of GeoGenetics, war verantwortlich für die Radiokarbon Geochronologie und Biogeochemie.

Die Belege

Die Beweise für eine mehr als 13.000 Jahre alte Nicht-Clovis-Kultur in Nordamerika umfassen Obsidian- und Feuerstein-Artefakte, bekannt als Western Stemmed Projectile Points [Pfeilspitzen-Typ], und DNA-Darstellung von getrockneten Exkrementen — auch bekannt als Koprolithen. Sowohl die Obsidian Projectile Points als auch die Koprolithen wurden von Sedimenten in den Paisley-Höhlen ausgegraben.

Frühere Untersuchungen hatten festgestellt, dass menschliche Koprolithen in den Höhlen über 1.000 Jahre älter waren als die Clovis-Kultur; jedoch zweifelten Kritiker die Interpretationen an und sagten, dass die Höhlen-Schichten nicht ausreichend untersucht worden wären und dass keine Steinwerkzeuge aus dem Clovis-Zeitalter zusammen mit den Koprolithen gefunden worden wären.

Kritiker stellten auch die Frage, ob nicht jüngere DNA durch die Höhlensedimente gewaschen worden sein könnte und somit nicht-menschliche Koprolithen mit neuerer menschlicher DNA verunreinigt hätte. Wenn das stimmt, wären Beweise für eine menschliche Präsenz vor Clovis falsch.

Die neue Studie widerlegt nun jedes Argument der Kritiker und nutzt überwältigende archäologische, stratigraphische, DNA- und Radiokarbon-Beweise, um abschließend festzustellen, dass Menschen — und zwar völlig unabhängig von Clovis-Völkern — in den Paisley Höhlen über ein Jahrtausend vor Clovis anwesend waren.

Das theoretische Boot zum Schwanken bringen

Die neuen Ergebnisse stehen erheblich im Gegensatz zu der "Clovis First" Theorie für die frühe Besiedlung des amerikanischen Kontinents. Die Clovis First Hypothese besagt, dass keine Menschen in Amerika vor Clovis, also früher als vor 13.000 Jahren, existiert haben, und dass die einzigartige Clovis Stein-Technologie die Mutter-Technologie ist von allen anderen Typen von Stein-Artefakten, die später in der Neuen Welt erschienen sind.

Diese Theorie wurde vorherrschend, seitdem im Jahr 1932 erste Spuren menschlicher Präsenz in Amerika an einem Fundort vom Clovis Typ in Blackwater Draw gefunden worden waren, etwas außerhalb des Dorfes Clovis in New Mexico. Aber jetzt wurde diese hoch gelobte und respektierte Grundlage der amerikanischen Vorgeschichte zu Fall gebracht.

Dr. Jenkins sagt zu den einen Paradigmenwechsel verursachenden Ergebnissen:

"Eine der zentralen Fragen ist es gewesen, ob die technologische Entwicklung von Jagdwerkzeugen wie Pfeile und Speerspitzen ausschließlich der Clovis-Kultur und dem Wissen, das diese Menschen aus der Alten Welt mitgebracht haben, zugeschrieben werden kann. Während unserer Ausgrabungen in den Paisley-Höhlen haben wir eine völlig andere Art von Pfeilspitzen gefunden. Denn diese neuen Spitzen sind völlig anders hergestellt als die Fundstücke von der Clovis-Kultur. Wie unsere Radiokarbon-Datierung zeigt, sind die neuen Funde genau so alt, oder möglicherweise noch älter als die Clovis-Funde, was beweist, dass die Clovis-Kultur nicht die "Mutter-Technologie" für alle anderen Technologien in Amerika gewesen sein kann. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Amerika von mehreren Kulturen gleichzeitig kolonisiert wurde. Und manche vielleicht sogar früher als Clovis."

Menschlichen Exkremente schreiben die Geschichte um

Es ist nicht das erste Mal, dass die Partner Dr. Jenkins aus den USA und Professor Willerslev aus Dänemark amerikanische Vorgeschichte umzuschreiben.

Im Jahr 2008 stellten die beiden Forscher eine DNA-Darstellung und Radiokarbon-Datierung von Koprolithen vor, wonach [Hinweise auf] erste menschliche Siedlungen in Nordamerika um 1.000 Jahre zurück verschoben wurden, auf eine Zeit vor 13.000 bis 14.340 Jahren. Als ob das nicht genug war, zeigte das Team durch DNA-Analyse der alten menschlichen Exkremente, dass diese Menschen aus Asien stammten und die wahrscheinlichen Vorgänger der modernen einheimischen Amerikaner waren.

Mit den neuen Ergebnissen hat das internationale Team ein wichtiges Stück dem Puzzle hinzugefügt, wer den Amerikanischen Kontinent bevölkert hat — denjenigen Kontinent der Erde, der als letzter von Menschen besiedelt wurde.

Professor Willerslev sagt zu den neuen Ergebnissen:

"Unsere Untersuchungen verabreichen der Clovis First Theorie den endgültigen Schlag. Kulturell, biologisch und chronologisch ist die Theorie nicht mehr lebensfähig. Die abweichenden Steinartefakte sowie die DNA-Darstellung der menschlichen Exkremente zeigen, dass Menschen vor Clovis vorhanden waren und dass es eine andere Kultur in Nordamerika gab, mindestens so alt wie die Clovis-Kultur selbst. Oder um es anders auszudrücken: Entweder Amerika wurde mehrere tausend Jahre vor Clovis von Menschen besiedelt, die "Mutter"-Technologien für zwei sehr verschiedene Arten von Clovis-Werkzeugen und Western Stemmed Tradition Werkzeugen entwickelten. Oder es muss zwei frühere Migrationen nach Nordamerika gegeben haben, von denen eine die Clovis-Zuwanderung um mindestens 1.000 Jahre vordatiert. Beide Annahmen würden unsere Ergebnisse erklären, aber versuchen zu unterscheiden, welche wahrscheinlicher ist, wäre sehr verfrüht."

Dr. Paula Campos, eine frühere "Postdoc" am Willerslev Labor in Kopenhagen, jetzt beim Science Museum, Universität Coimbra, Portugal, führt zu diesem Punkt aus:

"Als wir die ersten DNA-Ergebnisse von den Paisley-Höhlen vor vier Jahren veröffentlichten, verursachten sie einen Aufschrei. Viele Archäologen hatten das Gefühl, dass unsere Ergebnisse falsch sein müssen. Sie hielten es für eine unumstößliche Tatsache, dass Clovis die ersten Amerikaner waren. Die Leute wären gerne mit einer beliebigen Anzahl von alternativen Erklärungen zu unseren Daten angekommen, um unsere Interpretation zurückzuweisen. Heute zeigen wir, dass unsere Schlussfolgerungen richtig waren."

Thomas Stafford, ebenfalls vom Zentrum für GeoGenetics in Kopenhagen, und Loren Davies von der Oregon State University stimmen zu:

"Kritiker sagen, dass die Schichtendarstellung in den Paisley-Höhlen diffus und chaotisch ist und dass dies den Befund von menschlichen Koprolithen älter als Clovis erklärt. Diese Aussage könnte falscher nicht sein. Die Stratigraphie ist gut entwickelt, klar und korrekt von oben nach unten geordnet."

Tom Stafford führt aus:

"Keine andere archäologische Stätte in den USA wurde so gründlich und erschöpfend datiert wie die Paisley-Höhlen. Wir haben mehr als 141 neue Radiokarbon-Messungen an Materialien vorgenommen, angefangen von Koprolithen über Holz- und Pflanzen-Artefakte, fossile Pflanzen und mumifizierte Tiere, bis zu einzigartigen, wasserlöslichen chemischen Auszügen aus Sedimenten und den Koprolithen selbst. Wir haben die C14-Datierung benutzt, um die Schichten der Paisley-Höhlen physisch und zeitlich millimetergenau zu sezieren. Derzeit sehen wir keine Anzeichen dafür, dass geologisch jüngere, von Wasser übertragene Moleküle — insbesondere DNA — nach unten gewandert sind und tiefere, ältere Koprolithen kontaminiert haben. Die DNA- und C14-Daten sind iterativ und bestätigen sich gegenseitig. Unsere Schlussfolgerung ist, dass Menschen mindestens 1.000 Jahre vor Clovis in Nordamerika anwesend waren und dass diese früheren Völker wahrscheinlich keine technologische oder genetische Ähnlichkeit mit der legendären Clovis Kultur hatten. Die Clovis First Debatte ist beendet. Die Theorie ist nun tot und begraben."

12. Juli 2012

WEITER (Ein Blick auf einige der frühesten bekannten Amerikaner)