Elfenbeinvogel
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(Ivory Bird)

Elfenbeinvogel zeigt alte Fähigkeit

Ein geschnitztes Stück Mammutelfenbein könnte die früheste Darstellung eines Vogels in den archäologischen Aufzeichnungen sein.

Das 30 000 Jahre alte Figürchen, gefunden in der Höhle Hohle Fels im Achtal in Deutschland, stellt so etwas wie einen tauchenden Kormoran mit angelegten Flügeln dar.

Es wurde zusammen mit Schnitzereien ähnlicher Art gefunden - eine, die wie der Kopf eines Pferds aussieht; die andere ist zur Hälfte Tier, zur Hälfte Mensch.

Experten haben der Zeitschrift Nature gegenüber erklärt, dass die Figürchen zu den vorzüglichsten Beispielen für frühe menschliche Kunst gehören.

Es ist nicht möglich, mit Sicherheit zu sagen, welche Hominidenart die Gegenstände hergestellt hat.

Allerdings sagt Professor Nicholas Conard vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Tübingen, der von ihrer Entdeckung berichtet, dass die Skulpturenhersteller vermutlich moderne Menschen waren (Homo sapiens).

Tiefe Linien

"Wir nehmen das an, weil diese Schichten des oberes Paläolithikums, in denen die Figürchen gefunden wurden, mit modernen Menschen in Verbindung gebracht werden - und nicht z.B. mit Neanderthalern", erklärte er BBC-News Online.

Die Figürchen selbst sind wirklich ziemlich klein. Der Vogel ist das längste Einzelteil mit 4,7 Zentimetern von der Spitze des Schnabels bis zu den hinteren Schwanzfedern.

Es wurde letztes Jahr in zwei Teilen im Höhlenkomplex - nahe der Stadt Schelklingen, 20 Kilometer südwestlich von Ulm - gefunden.

"Ein Kormoran hat einen kleinen Haken auf dem Schnabel, den dieser nicht hat, aber die allgemeine Form ist zweifellos die eines Kormorans," sagte Professor Conard. "Es ist offenbar irgendeine Art von Wasservogel."

Es hat Beine, aber keine Anzeichen von Füßen. Der Rücken des Vogels zeigt eine Reihe deutlicher Linien, die anscheinend Federn darstellen.

Der Tierkopf war sehr wahrscheinlich eine Abbildung eines Pferds, obgleich es vielleicht auch ein Bär sein könnte, sagte Professor Conard. Wieder im Detail sehr fein: das Maul, die Nasenlöcher und die Augen des Tieres werden mit tief eingeschnittenen Linien bildlich dargestellt.

Die dritte Darstellung ist schwieriger zu deuten. Sie ist 2,5 Zentimeter hoch und hat unzweifelhafte menschliche Eigenschaften wie Schultern, kurze Arme und ein zart geschnitztes Ohr - aber das Gesicht ist wie das eines Löwen.

Frühe Werkstätten

Professor Conard sagte, dass die Gegenstände einem symbolischen Zweck, der mit Schamanismus, einem archaischen magisch-religiösen Glaubenssystem, das eine Verbindung zwischen der sichtbaren und der Geisteswelt suchte, gedient haben könnten.

Die Sammlung gehört zu einer Gruppe von mehr als 20 Elfenbeinfigürchen, die jetzt an vier Fundorten im Ach- und in Lonetal geborgen wurden: Vogelherd, Geißenklösterle, Hohlenstein-Stadel und Hohle Fels.

Sie haben alle ganz ähnliches Alter - um die 30 000 Jahre und mehr.

Dr. Anthony Sinclair, ein Experte in Archäologie des Paläolithikums an der Universität Liverpool, Vereinigtes Königreich, sagte, die deutsche Fundserie stellt "die ältesten Beispiele bildlicher Kunst in der Welt dar - Stücke, die einen repräsentativen zusammenhängenden Satz von Herstellungstechniken und Themen zeigen."

Er spekulierte auf Grund der Zahl von feinen Gegenstände und Abfällen, die an den Fundorten geborgen wurden, dass Höhlenkomplexe wie Hohle Fels Werkstätten der frühen Künstler gewesen sein könnten.

Er sagte, dass sie in Alter und Ausgefeiltheit mit den bemerkenswerten Höhlenmalereien bei Chauvet in Südfrankreich verglichen werden können.

"Sie sind ebenso gut wie alles, was man Tausende Jahre später sieht - von 3 000 bis 4 000 v.Chr., etwa in dieser Periode. Die Qualität der Arbeit ist in der Tat sehr gut," erklärte er BBC-News Online.

Werk des Zufalls

Die Entdeckung in Hohle Fels stützt die Auffassung, dass künstlerische Fähigkeiten sich explosiv entwickelt haben, fügte er hinzu.

"Wir haben immer angenommen, dass Fähigkeiten einige Zeit brauchen würden sich zu entwickeln - wir dachten, dass die einfachsten Holzkohlezeichnungen die ältesten und die Malereien die jüngsten wären. Und doch zeigen unsere Carbondaten jetzt, dass einige der schönsten und durchdachtesten Malereien zu den ältesten Kunstwerken gehören, die wir haben."

Und Professor Conard sagte: "Diese Art von Funden sind Beweis für mich, dass zu dieser Zeit und nicht später eine Lebensweise begann, die sich nicht von unserer eigenen unterscheidet - zweifellos in Begriffen von Komplexität und symbolischer Kommunikation."

Solche Ansprüche sind auch für Figürchen angemeldet worden, die viel älter sind - sogar Hunderte von Tausenden Jahre. Die Berekhat Ram Figuren von Israel und die Tan-Tan Figuren von Marokko, zum Beispiel, sind als die Arbeit von Homo erectus vorgestellt worden.

Aber viele skeptische Forscher glauben, dass diese Gegenstände bloß Zufälle der Natur sind; sie sind Objekte, die durch zufällige geologische Prozesse in menschliche Form gebracht worden sind.

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